SYNERGIE – Forschen für Gesundheit
Das Magazin der Deutschen Zentren
der Gesundheitsforschung (DZG)

Newcomer im Porträt – Carola Voss und Toni Luise Meister

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UNBEGRENZT FORSCHEN
WIE GENAU BRINGEN LUFTSCHADSTOFFE DIE LUNGE AUS DEM TAKT?
DR. CAROLA VOSS
ist Projektleiterin für Lungenorganoide am Institut für Lungengesundheit und Immunität von Helmholtz Munich im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL). Sie ist Mitglied der DZL Academy und seit 2023 Co-Koordinatorin des DZL-Krankheitsbereichs Interstitielle Lungenerkrankungen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Voss im Rahmen einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe zur Modellierung von durch Lufttoxine verursachten Störungen in Zellkreisläufen.
Verschmutzte Luft, die etwa Stickoxide oder feine Staubpartikel enthält, kann krank machen: Die Epidemiologie weiß heute, dass diese komplexen Gemische Entzündungen in der Lunge und damit Krankheiten wie COPD, Lungenkrebs oder Asthma auslösen. Nur wie genau wirken die Stoffe? Welche Mechanismen laufen dabei in den Lungenzellen ab? Und wie können wir sie ohne Tierversuche erforschen? Diese Fragen will Dr. Carola Voss, Projektleiterin am DZL-Standort München, mit der neuen, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanzierten Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe beantworten. Sie will insbesondere in den Blick nehmen, wie Schadstoffgemische molekulare Mechanismen in unserer Lunge beeinflussen und nachweisen, dass sie wichtige Ausgangspunkte für die Entwicklung von Lungenerkrankungen sind. Dafür wird Voss mit humanen Lungenorganoiden arbeiten: 3-D-Mikrogewebemodellen, die Eigenschaften der tiefen Atemwege nachbilden.

Ihre wissenschaftliche Neugier wurde schon als Kind geweckt: „Meine Mutter arbeitete als MTA und Dozentin in deren Ausbildung. Ich habe es genossen, wenn ich mit ihr durch ihr Labor geistern durfte, und schon im Grundschulalter davon geträumt, Biologie zu studieren.“ Sie lernte das Fach an der Uni Leipzig und ging als Doktorandin in die Schweiz, danach ins australische Brisbane und an die Boston University. Als Postdoktorandin am Institut für Lungengesundheit und Immunität in München konnte Voss durch ihre Arbeiten im Rahmen von EU-Projekten ein internationales Netzwerk aufbauen.
Atlas zur Prävention
„Speziell mit Lungenorganoiden, die aus induzierten pluripotenten Stammzellen gewonnen werden, können wir unbegrenzt und ethisch vertretbar in einem humanen Modell forschen und molekulare Mechanismen zellgenau entschlüsseln“, erklärt Carola Voss. Mit ihrer Nachwuchsgruppe will sie nun krankheitsrelevante Signaturen aufgrund der Exposition mit Luftschadstoffen identifizieren und sie im Zusammenhang mit genetischer Prädisposition, Geschlecht sowie epigenetischer Regulation analysieren. Es soll ein „Organtypischer ToxAtlas“ entstehen, der die Prävention schädlicher Expositionen sowie die Entwicklung künftiger therapeutischer Strategien unterstützt.
Voss wünscht sich mehr Verständnis für ihr Forschungsgebiet, von der wissenschaftlichen Community wie auch der Öffentlichkeit: „Die Toxikologie von Nanopartikeln ist wichtig, um molekulare Mechanismen aufzuklären und zukünftig Erkrankungen zu verhindern.“ Ihre Arbeit sei zeitaufwendig und interdisziplinär: „Ich muss auf alles gefasst sein und oft um viele Ecken denken, um robuste Resultate zu erzielen und gut zu interpretieren. Deshalb freut mich umso mehr, dass die DFG die Toxikologie gezielt stärken möchte und diese neuartigen Modellsysteme und Strategien unterstützt.“
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IN DIE ANWENDUNG FÜHREN
DIE KOMPLEXE INTERAKTION ZWISCHEN VIREN UND WIRTSZELLEN VERSTEHEN
TONI LUISE MEISTER
leitet die Arbeitsgruppe „Klinisches Management und Epidemiologie neu auftretender Infektionskrankheiten“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin erforscht sie neu auftretende Viren und deren Wechselwirkung mit menschlichen Zellen. Ihre Arbeiten wurden mehrfach mit dem Best-Season Paper Award der Gesellschaft für Virologie ausgezeichnet. Außerdem fungierte sie als Expertin beim Verfassen der Leitlinie zum Umgang mit aerosol-übertragbaren Erregern.
Während ihrer Doktorarbeit zum Hepatitis-E-Virus an der Ruhr Universität Bochum, die Toni Luise Meister 2021 abschloss, war sie, wie sie sagt, „zur rechten Zeit am rechten Ort“: Das dortige dynamische Forschungsumfeld ermöglichte es ihr, gleich zu Beginn der COVID-Pandemie in die Forschung zu SARS-CoV-2 einzusteigen und in der Folge breite Erfahrungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Viren zu sammeln. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Bochumer Virologinnen und Virologen und anderen Kooperationspartnern im DZIF-Netzwerk führte sie schließlich zu einer DZIF-geförderten Stelle als Nachwuchsgruppenleiterin im DZIF-Forschungsbereich „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ bei Prof. Marylyn M. Addo am Institut für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung (IIRVD) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Seit Oktober 2023 erforscht Toni Luise Meister in ihrem Labor am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin die Interaktion verschiedener Viren und neu entstehender Virusvarianten mit ihren jeweiligen Wirtszellen und -organen.
Forschung an Organoiden
„Ich interessiere mich besonders für die Wechselwirkungen zwischen Viren und Zellen und wie sich diese verändern, wenn neue Virusvarianten entstehen“, sagt sie. Außerdem untersucht sie, welche Strategien Viren anwenden, um sich unbemerkt in den Zellen zu vermehren, sowie die Abwehrmechanismen der Zellen gegen die Virusinfektion. Dazu verwendet sie Organoide – dreidimensionale Zellkomplexe, die aus Stammzellen oder anderem Patientenmaterial gezüchtet werden und sich aus verschiedenen Zelltypen eines menschlichen Organs, beispielsweise der Lunge, zusammensetzen. „Im Gegensatz zu einschichtigen zweidimensionalen Zellkulturen, die aus Krebszellen gezogen und traditionell in der Virusforschung verwendet werden, ermöglichen Organoide, die der menschlichen Physiologie ähnlicher sind, die Untersuchung der komplexen Kommunikation und Interaktion zwischen Viren und verschiedenen Zelltypen“, erklärt Meister.
Spannend an ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin findet Toni Luise Meister, dass sie sich mit neuen, bisher unbekannten Dingen wie neuartigen Erregern oder Mechanismen beschäftigen kann und dass ihre Forschungsergebnisse einen potenziellen Nutzen für die Medizin haben. „Bei meiner Arbeit geht es nicht nur darum, die Mechanismen einer Virusinfektion aufzudecken, sondern die Ergebnisse sollen auch zu einer Anwendung führen. Die Kontakte und die Zusammenarbeit mit vielen Expertinnen und Experten im DZIF-Netzwerk und den Kliniken am UKE unterstützen den ‚From-Bench-to-Bedside‘-Aspekt – also die Translation von Forschungsergebnissen in die Klinik – sehr.“
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