FÜR MENSCHEN, DIE KAUM VON MEHR BEWEGUNG PROFITIEREN, KÖNNTEN MEDIKAMENTÖSE THERAPIEN IN BETRACHT KOMMEN.
Die Auswertung der Aufnahmen zeigte ganz klar: Sowohl die Gabe von Empagliflozin als auch regelmäßiger Sport hatten einen messbaren Einfluss auf die Insulinresistenz im Gehirn. Das Trainingsprogramm hatte dazu geführt, dass das Hormon seinen Einfluss wieder ähnlich gut ausüben konnte wie bei normalgewichtigen Personen. „Insulin wirkt sehr stark in dem Netzwerk in unserem Gehirn, das mit Belohnung arbeitet und bestimmt, wie wir Entscheidungen treffen. Und dieses Netzwerk reagiert auf Sport. Wenn also Personen ihre Fitness gesteigert und in ihren Muskeln die Zellatmung verbessert haben, wurde diese Gehirnregion durch Vermittlung von Insulin angeregt“, erklärt Stephanie Kullmann. Damit konnte die DZD-Forscherin belegen, dass sich eine Insulinresistenz beeinflussen und möglicherweise umkehren lässt – wenn auch nicht bei allen Menschen im selben Ausmaß. „Bewegung hatte bei allen 21 Testpersonen eine positive Wirkung. Allerdings sprachen einige von ihnen besonders gut auf das Ausdauertraining an. Sie haben sichtlich abgenommen und ihr Bauchfett verringert. Bei diesen Personen hat sich auch die Insulinresistenz im Gehirn am stärksten zurückgebildet. Andere haben deutlich weniger stark abgenommen. Bei ihnen sehen wir entsprechend geringere positive Veränderungen im Gehirn – obwohl sie sich genauso sehr angestrengt hatten“, so das Fazit der Neurowissenschaftlerin.
Für fettleibige Menschen, die kaum von mehr Bewegung profitieren, könnten medikamentöse Therapien in Betracht kommen. Denn chemische Substanzen greifen an anderen Stellen im Gehirn an als körperliche Aktivitäten. So verbessert etwa Empagliflozin die Insulinwirkung im Hypothalamus – einer Hirnregion, die sehr sensibel auf Schwankungen des Blutzuckerspiegels reagiert und unser Gefühl für Hunger und Sättigung steuert. „Wir stehen noch ganz am Anfang, wenn es darum geht, diese komplexen Zusammenhänge zu verstehen“, betont Stephanie Kullmann: „Doch unsere Studien zeigen schon jetzt, dass nicht alle Menschen in gleicher Weise auf Medikamente und Lebensstiländerungen ansprechen. Deshalb wollen wir nun nach Möglichkeiten suchen, wie wir diejenigen Personen identifizieren können, die entweder mehr von Bewegung oder stärker von Medikamenten profitieren. Denn erst dann können wir nach den Therapieformen suchen, die für die Betroffenen jeweils am meisten Erfolg versprechen.“