Unabhängig von diesen Fortschritten der Pharmaforschung haben die Erkenntnisse aus COSYCONET neue therapeutische Perspektiven eröffnet. So zeigte sich, dass bei vielen Menschen mit Diabetes, die an der Studie teilnahmen, sowohl die Fähigkeit der Lunge, das Blut mit Sauerstoff zu versorgen, langsamer absank als auch Osteoporose seltener als Begleiterkrankung auftrat. „Wir fanden heraus, dass das am Diabetes-Medikament Metformin liegt“, sagt Kathrin Kahnert. „Diabetiker mit COPD profitieren von dessen protektiver Wirkung doppelt.“ Auch habe man nachweisen können, dass sich atemwegserweiternde Substanzen positiv aufs Herz auswirken, indem sie die Füllung des linken Vorhofs verbessern. „COSYCONET war von Anfang an darauf konzipiert, mit differenziertester Lungendiagnostik wirklich in die Tiefe zu gehen“, sagt Kahnert. In ihrem Detailgrad übertrifft COSYCONET internationale Studien, die mehr Patientinnen und Patienten einschlossen. Exzellent war besonders die Erhebung ihrer Komorbiditäten. Sie erfolgte in strukturierten Interviews, zu denen alle Medikamente mitgebracht werden mussten. So ließ sich das Wechselspiel zwischen den verschiedenen Organen, das sich bei einer COPD ausprägt, multidimensional analysieren. Beflügelt von hochrangigen Publikationen, die aus der Studie resultierten, wurde im Oktober 2019 COSYCONET 2 gestartet. „Weil eine COPD tendenziell zu spät diagnostiziert wird, wollen wir den Schwerpunkt dabei auf die frühen Stadien legen, in denen noch keine schwerwiegende Schädigung der Lunge vorliegt“, erklärt Kahnert. „So hoffen wir, besser zu identifizieren, wo wir therapeutisch einschreiten können.“
Wie wichtig das wäre, weiß auch die Gesundheitspolitik. Die COPD ist die häufigste Erkrankung der Atemwege. „Dennoch kam sie noch vor 20 Jahren in ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen nicht vor“, erinnert sich Henrik Watz. Durch die Gründung des Deutschen Zentrums für Lungenforschung habe die Politik dann der Gefahr von Atemwegserkrankungen Rechnung getragen und damit viel in Bewegung gebracht. Noch aber ist einiges zu tun. „Wir brauchen einen ganzheitlicheren Ansatz für die COPD“, sagt Kathrin Kahnert. „Es ist eine Krankheit, von der mehrere Organe und auch junge Menschen betroffen sind. Es lohnt sich, in der ärztlichen Praxis genau hinzuschauen.“