SYNERGIE – Forschen für Gesundheit
Das Magazin der Deutschen Zentren
der Gesundheitsforschung (DZG)
#Innovationfund
Die Sprache der Organe
Organe kommunizieren ständig miteinander – oft, ohne dass wir es merken. Wenn diese Signale aus dem Takt geraten, kann das schwerwiegende Folgen haben. Forschende der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung untersuchen, wie sich Fehler in dieser Kommunikation auf chronische Erkrankungen auswirken – und wie wir sie gezielt korrigieren können.
Unser Körper ist ein Meister der Kommunikation. Er tauscht ständig Signale aus, um gesund zu bleiben: Das Herz „informiert“ die Niere, wenn der Blutdruck angepasst werden muss. Die Leber reguliert den Zuckerstoffwechsel, während der Darm mit seinen Bakterien sogar unsere Stimmung beeinflusst. Doch was passiert, wenn diese Signale nicht mehr richtig ankommen? Wenn Organe aneinander vorbeireden oder falsche Botschaften senden?

Genau das passiert bei vielen chronischen Erkrankungen. Wenn Organe nicht mehr richtig miteinander „sprechen“, entstehen Entzündungen, der Stoffwechsel gerät aus dem Gleichgewicht oder altersbedingte Prozesse beschleunigen sich. Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung beschäftigen sich intensiv damit. Beispielsweise mit zwei großen Forschungsprojekten, mit denen sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammenbringen, die gemeinsam neue Therapieansätze entwickeln.

Muskelabbau – wenn das Immunsystem zum Problem wird

Muskelabbau wird oft auf Bewegungsmangel oder falsche Ernährung zurückgeführt. Doch auch das Immunsystem kann eine Rolle spielen. Bestimmte Stoffwechselprodukte, die bei Krebs oder chronischen Lungenerkrankungen freigesetzt werden, können Immunzellen so verändern, dass sie den Muskelschwund verstärken. Diese Fehlregulation könnte eine Schlüsselrolle bei der Kachexie spielen – einem Syndrom mit massivem Muskelverlust, das oft nicht allein durch bessere Ernährung rückgängig gemacht werden kann. Kachexie tritt häufig bei schweren Erkrankungen wie Krebs, COPD, Herzinsuffizienz oder chronischen Infektionen auf und verschlechtert die Prognose der Betroffenen erheblich.

Auch das Fettgewebe könnte beteiligt sein. Es gibt Hinweise, dass Fettzellen mit den Muskeln kommunizieren und den Abbau beeinflussen. Wenn die Forschenden diese Mechanismen entschlüsseln, könnten sie den Prozess möglicherweise verlangsamen oder sogar aufhalten. Das Forschungsprojekt bringt Expertinnen und Experten aus fünf der acht Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung zusammen: DZD, DZHK, DZL, DZIF und DKTK. Ziel ist es, biochemische Signalwege zu entschlüsseln, um neue Therapieansätze gegen Kachexie zu entwickeln.

Altersbedingte Entzündungen – das Risiko liegt im Blut

Alter hinterlässt Spuren – nicht nur äußerlich, sondern auch in unseren Zellen. Forschende haben eine genetische Veränderung im Blutsystem entdeckt, die dabei eine zentrale Rolle spielen könnte: die sogenannte klonale Hämatopoese von unbestimmtem Potenzial (CHIP). Sie tritt bei mehr als 20 Prozent der über 65-Jährigen auf und steht im Verdacht, chronische Entzündungen und gestörte Heilungsprozesse in Herz, Lunge und Gefäßen zu fördern.

Doch wie beeinflusst diese genetische Veränderung das Immunsystem und die Kommunikation zwischen den Organen? Genau das erforscht das zweite geförderte Projekt. Denn genetische Mutationen in Blutzellen erhöhen nicht nur das Leukämierisiko, sondern beeinflussen auch Entzündungs- und Stoffwechselprozesse in anderen Organen. Das Forschungsteam – bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von DKTK, DZD, DZHK, DZIF und DZL – untersucht, wie CHIP-Mutationen Entzündungen antreiben und altersbedingte Erkrankungen begünstigen. Diese Erkenntnis könnte völlig neue Möglichkeiten eröffnen, um altersbedingte Erkrankungen an der Wurzel zu packen.

Zusammenarbeit für eine bessere Medizin

Diese beiden Projekte zeigen eindrucksvoll, wie wichtig interdisziplinäre Zusammenarbeit ist. Krankheiten entstehen oft nicht isoliert in einem Organ, sondern durch ein fehlerhaftes Zusammenspiel vieler Systeme. Erst wenn Forschende aus der Herz-Kreislauf-Forschung, der Lungenmedizin, der Onkologie, der Stoffwechselmedizin und der Infektionsforschung ihr Wissen bündeln, lassen sich komplexe Krankheitsmechanismen entschlüsseln. Dank der Förderung durch den Innovationsfonds der DZG können diese Teams über Fachgrenzen hinweg neue Erkenntnisse gewinnen – mit dem Ziel, Krankheiten früher zu erkennen, gezielt zu behandeln und die Medizin der Zukunft mitzugestalten.
WENN ORGANE NICHT MEHR RICHTIG MITEINANDER „SPRECHEN", ENTSTEHEN ENTZÜNDUNGEN, DER STOFFWECHSEL GERÄT AUS DEM GLEICHGEWICHT ODER ALTERSBEDINGTE PROZESSE BESCHLEUNIGEN SICH.
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