Christoph Laske hat sich von seiner Hirnforschung aus inzwischen auch noch zum Experten für den Darm entwickelt. Abermillionen von Mikroorganismen gibt es allein im Mikrobiom des Darms zu untersuchen, etliche Zellen und Stoffwechselprozesse. Aber was hat das alles mit der Demenz zu tun? Christoph Laske holt für seine Antwort etwas weiter aus. Wenn sich Erkrankungen wie Alzheimer entwickeln, laufen im Hintergrund entzündlich-immunologische Prozesse ab – solche Mechanismen sind es, die auch zu den Amyloid-Ablagerungen führen. Und das Immunsystem wiederum hat seine Kommandozentrale im Darm: Das Mikrobiom mit seinen vielen Mikroorganismen sorgt dafür, dass der Körper Krankheitserreger abwehren kann. Rund 70 Prozent der immunologisch aktiven Zellen im menschlichen Organismus befinden sich in der Darmschleimhaut – allein schon deshalb, weil zusammen mit der Nahrung auch Erreger in den Körper gelangen, auf die das Abwehrsystem rasch reagieren muss. Stoffwechselprodukte, die von Darmbakterien produziert werden, wie etwa die kurzkettigen Fettsäuren, beeinflussen direkt die Immunzellen des Gehirns. Diese sogenannten Mikrogliazellen können ebenfalls zum Abbau von Amyloid-Ablagerungen beitragen. So schließt sich wieder der Kreis zu Alzheimer.
Die Frage, über die sich Laske und sein Team jetzt den Kopf zerbrechen, hängt unmittelbar damit zusammen: Wirken sich die Veränderungen im Gehirn von Menschen mit Alzheimer auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms aus? Oder ist es umgekehrt: Der Darm steht am Anfang des Prozesses, und weil dort etwas nicht stimmt, bilden sich im Gehirn die Amyloid-Ablagerungen mit ihren weitreichenden Folgen? Diese simple Frage eröffnet die Chance auf eine Behandlungsmöglichkeit für Alzheimer: Wenn man gezielt die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm verändert – lassen sich dann damit nicht die pathologischen Prozesse im Gehirn stoppen? Müsste also ein Alzheimer-Medikament gar nicht im Gehirn ansetzen, sondern vielmehr bei der Darmgesundheit?