SYNERGIE – Forschen für Gesundheit
Das Magazin der Deutschen Zentren
der Gesundheitsforschung (DZG)

Wissen teilen – Innovation fördern

Der neue Innovation Fund der DZG soll den Austausch der Zentren untereinander stärker fördern. Erste Projekte zu Gen- und Zelltherapie sowie zum Mikrobiom wurden bereits bewilligt.
Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) stehen bei Krankheiten von Herz, Hirn, Lunge, Infektionen, Krebs und Diabetes oftmals vor ähnlichen Herausforderungen. Neue Ansätze zur Behandlung der einen Krankheit könnten auch für die Behandlung von anderen Erkrankungen erfolgreich sein. Die DZG haben den DZG Innovation Fund ins Leben gerufen, um den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Forschenden der DZG zu fördern. Bereits drei Projekte wurden bewilligt: eines zur Gen- und Zelltherapie und zwei zum Mikrobiom. Das Projekt zur Gen- und Zelltherapie startete 2022.

Genauer zielen mit der Gen- und Zelltherapie

„Die Zell- und Gentherapien sind zukunftsweisende Behandlungsansätze, welche die physiologischen Prozesse im menschlichen Organismus für die Heilung und Prävention von Erkrankungen nutzen, steuern und darüber hinaus die Möglichkeit synthetischer Interventionen eröffnen“, sagt Professor Tobias Feuchtinger. Gemeinsam mit Professor Boris Fehse leitet er das Projekt „Zelltyp-spezifisches Targeting für künftige In-vivo-Zell- und Gentherapien“, an dem sich fünf DZG beteiligen. Sie wollen mithilfe der Gen- und Zelltherapie molekulare Prozesse in erkrankten Zellen gezielt verändern, um Patientinnen und Patienten damit in Zukunft ursächlich heilen zu können. Denn obwohl molekulargenetische Vorgänge immer besser verstanden werden, bleibt es schwierig, hochspezifisch nur ausgewählte Zellen oder Gewebe im Körper zu verändern. Alle DZG stehen damit vor der Herausforderung, molekulare Heilungsmechanismen an das jeweilige Gewebe und den Ort der Krankheit zu bringen. Die Tragweite dieser Fragestellungen zeigt sich auch darin, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Entwicklung einer nationalen Strategie für Zell- und Gentherapie angestoßen hat, an der sich die DZG neben 23 anderen Interessenvertretungen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik beteiligen.
AM PROJEKT ZUR GEN- UND ZELLTHERAPIE BETEILIGEN SICH FOLGENDE DZG:

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF):
Prof. Tobias Feuchtinger
(Ludwig-Maximilians-Universität München),
Prof. Boris Fehse
(Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)

Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL):
Prof. Nico Lachmann
(Medizinische Hochschule Hannover)
Prof. Soni Savai Pullamsetti
(Justus-Liebig-Universität Gießen)

Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK):
Prof. Johannes Backs
(Universitätsklinikum Heidelberg)
Prof. Alessandra Moretti
(Technische Universität München)
Prof. Oliver J. Müller
(Universitätsklinikum Schleswig-Holstein/ Campus Kiel)

Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD):
Prof. Heiko Lickert
Dr. Gerhard Przemeck
(beide Helmholtz Munich)

Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK):
Prof. Angela Krackhardt
(Technische Universität München)
Prof. Annette Künkele
(Charité – Universitätsmedizin Berlin)

GEN- UND ZELLTHERAPIE

Bei einer Gentherapie werden therapeutische Gene in die Zellen einer Patientin oder eines Patienten eingebracht, um einen krankheitsauslösenden Abschnitt des Erbguts zu reparieren: zum Beispiel durch die Einführung eines funktionsfähigen Gens, die Reparatur eines defekten Gens oder das Ausschalten eines schädlichen Gens. Um den therapeutischen Genabschnitt in die Zellen einzufügen, braucht es ein Vehikel, einen sogenannten Vektor – zum Beispiel Viren. Obwohl diese Viren-Vektoren in den vergangenen Jahren immer sicherer wurden, bleibt ein Restrisiko, weil die eingeführten Gene nicht der natürlichen Genregulation unterliegen. Diese steuert, ob ein Gen aktiv ist oder nicht. Ebenso muss sichergestellt werden, dass die eingeschleusten Gene bei den nachfolgenden Zellteilungen nicht verloren gehen.

Bei einer Zelltherapie werden Zellen aus dem Körper entnommen, im Labor verändert und den Patientinnen und Patienten wieder eingesetzt. Da die aktuellen Zelltherapien fast immer mit genetischen Veränderungen einhergehen, wird heute kaum noch zwischen Gen- und Zelltherapie unterschieden. Auch hier stehen die Forscherinnen und Forscher vor der komplizierten Aufgabe, die therapeutischen Zellen an die richtige Stelle im Körper zu bringen. Außerdem müssen sie bewerkstelligen, dass die Zellen den Transfer überleben und vor Ort funktionieren. Wenn die Zellen nicht von der Empfängerin oder dem Empfänger stammen, können sie vom Immunsystem abgestoßen werden. Immunsuppressive Medikamente wirken dem entgegen, bringen aber auch Nachteile mit sich. Alles in allem wäre es sicherer, wenn man die gezielte Veränderung direkt im Körper vornehmen könnte. Geeignete Werkzeuge, die im Labor sehr gut funktionieren, gibt es bereits. Etwa die Genschere CRISPR-Cas9, die nicht nur Gene ausschneiden, sondern auch gezielt ersetzen kann. Diese gilt es nun für den Einsatz im Menschen zu optimieren.

Neue molekulare Werkzeuge erfordern neue methodische Ansätze

Das DZG-Projekt zur Gen- und Zelltherapie gliedert sich in fünf Arbeitspakete. Im Fokus stehen zum Beispiel Vektoroptimierungen, um veränderte Gene in den Körper einzuschleusen, oder die Überprüfung dieser Vektoren in Organmodellen. „Gerade die neuen Möglichkeiten der Genom-Editierung mit der Genschere CRISPR/Cas machen es dringend notwendig, innovative Gentransfer-Vektoren zu entwickeln“, sagt Fehse. Bei der „klassischen“ Gentherapie wird ein therapeutisches Gen als Ersatz für ein fehlendes oder defektes Gen in die Zielzellen eingebracht. Dort soll es möglichst lebenslang aktiv sein, um den therapeutischen Effekt aufrechtzuerhalten. Bei der Genschere ist das anders: Sie muss nur für sehr kurze Zeit in der Zelle aktiv sein, um ein defektes Gen zu korrigieren oder ein krankmachendes auszuschalten. „CRISPR/Cas korrigiert den Fehler in einem sogenannten ‚hit-and-run‘-Prozess, dann ist das Gen wieder funktionell“, so Fehse. „Eine längerfristige Aktivität der Genschere wäre kontraproduktiv, da das Risiko falscher Schnitte deutlich steigen würde. Außerdem wäre es wahrscheinlicher, dass das Immunsystem aktiviert wird, da CRISPR/Cas aus Bakterien stammt. Wir benötigen also neue ‚hit-and-run‘-Vektoren und daran arbeiten wir.“
Text: Cordula Baums
DIE ZELL- UND GEN-THERAPIEN SIND ZUKUNFTSWEISENDE BEHANDLUNGSANSÄTZE.
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