SYNERGIE – Forschen für Gesundheit
Das Magazin der DZG

Den Datenschatz heben

Immer ausgereiftere Technologie ermöglicht es, riesige Datenmengen zu generieren. Doch man muss diese Daten auch lesen und verstehen können, um sie zu nutzen. Bioinformatik ermöglicht diese Deutung: Wir zeigen, was sie in aktuellen Projekten der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung bewirken kann.

Neue Antibiotika „ausgraben“

Der größte Teil der erfolgreich genutzten Antibiotika stammt aus Mikroorganismen. Angesichts zunehmender Resistenzen werden jedoch dringend neue Antibiotika benötigt. Mit der klassischen Methode zur Identifikation von Antibiotika – der chemischen Analyse von Mikroorganismenkulturen im Hochdurchsatz − werden immer weniger neue gefunden. In Tübingen wird dieses Problem mithilfe der Bioinformatik angegangen. Das Team um DZIF-Professorin Nadine Ziemert betreibt „Genome Mining“: eine computergestützte Analyse, die tiefer nach neuen Wirkstoffen „gräbt“ und riesige Datenmengen schnell und effizient durchsucht.

Über die Genomsequenzierung wird das Erbgut von Mikroorganismen entschlüsselt und es werden Abschnitte im Genom, sogenannte Gencluster entdeckt, die wahrscheinlich für die Produktion von Antibiotika verantwortlich sind. Der „Antibiotic Resistant Target Seeker“ (ARTS), ein bioinformatisches Tool, automatisiert die Suche und wählt aus der Vielzahl an Clustern die Erfolg versprechendsten aus. Die so identifizierten Gencluster werden im Labor aktiviert, um das entsprechende Antibiotikum zu produzieren. In kurzer Zeit steht somit ein Pool an aussichtsreichen Antibiotika-Kandidaten zur Verfügung.
#DZIF

Die Intelligenz 
des Schwarms

Vogelschwärme und Kolonien von Insekten verfügen über eine „kollektive Intelligenz“, bei der die Gemeinschaft von dem Verhalten und der Erfahrung der einzelnen Mitglieder profitiert. Ein ähnliches Prinzip – „Swarm Learning“ genannt – erprobt das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gemeinsam mit dem Informationstechnikunternehmen Hewlett Packard Enterprise (HPE), um große Datenmengen zu analysieren und darin mittels Künstlicher Intelligenz (KI) Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren. Hier geht es beispielsweise darum, Transkriptomdaten aus dem Blut von Patientinnen und Patienten standort- und sogar länderübergreifend auszuwerten, um anhand dieses Blutbildes diverse Erkrankungen zu erkennen.

Bei diesem innovativen Verfahren, das prinzipiell auf jede Art von „Big Data“ angewandt werden kann, lernen die Algorithmen der KI anhand des Kollektivs der an verschiedenen Standorten gelagerten Daten. Der Clou dabei ist: Ausgetauscht werden nur Rechenparameter und Algorithmen. Personenbezogene Daten verbleiben jeweils vor Ort, der Datenschutz wird also gewahrt. Dies vereinfacht die standortübergreifende Analyse medizinischer Forschungsdaten erheblich.
#DZNE
Update, Mai 2021
„Swarm Learning“ erkennt Blutkrebs, Lungenerkrankungen und COVID-19 
Link zur Pressemitteilung des DZNE

Auf dem Weg in die
klinische Anwendung

Bei Krebserkrankungen sind erworbene Defekte im Erbgut die Ursache für ein unkontrolliertes Wachstum der Zellen. Das Muster genetischer Veränderungen kann sich von Patient zu Patient oder sogar innerhalb eines Tumors unterscheiden. Eine genaue Analyse ist daher wichtig für eine erfolgreiche Behandlung. Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben mit dem MASTER(Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication)-Programm Krebsgenomanalysen im klinischen Alltag etabliert. Es wurde im Jahr 2015 auf alle Partnerstandorte des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) ausgeweitet und fokussiert auf jüngere Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen Stadium und solchen jeden Alters mit seltenen Tumorerkrankungen, mit dem Ziel, neue, an das individuelle Tumorprofil angepasste Therapieansätze zu identifizieren. Mittlerweile wurden die Tumorgenome von mehr als 2.500 Patientinnen und Patienten ausgewertet und die Ergebnisse in die weitere Therapieplanung einbezogen. Aus dem Programm resultierten klinische Studien und vielfältige translationale Forschungsprojekte. Neben der Genomanalyse werden zunehmend weitere Verfahren in das MASTER-Programm integriert, wie zum Beispiel Proteomanalysen, die Bestimmung immunologischer Parameter sowie Methoden der Bildgebung.
#DKTK
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram